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Die digitale Identität muss Staatsaufgabe bleiben

 

 

· Medienmitteilung

Bern, 14.12.2020. Am 7. März 2021 stimmt die Bevölkerung über den digitalen Schweizer Pass ab. Das E-ID-Gesetz will erstmals einen amtlichen Ausweis kommerzialisieren und durch private Anbieter herausgeben lassen. An die Stelle der Passbüros würden Unternehmen wie Banken und Versicherungen treten und die sensiblen Daten der Bürgerinnen und Bürger verwalten.
 

Die Herausgabe von Identitätsausweisen muss in staatlicher Verantwortung bleiben und gehört unter demokratische Kontrolle. Diesen Grundgedanken vertraten an der Medienkonferenz «NEIN zum E-ID-Gesetz» in Bern verschiedene Teilnehmende, die Ihre Argumente gegen das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste (BGEID) erläuterten.

«Die Schaffung eines digitalen Passes aus privater Hand ist ein Angriff auf die staatliche Souveränität. Unser Engagement, die demokratischen Souveränität im digitalen Raum zu verteidigen, richtet sich nicht gegen den technologischen Fortschritt. Im Gegenteil: Unser Engagement schafft Vertrauen für Bürgerinnen und Bürger in die Digitalisierung.»

Nuria Gorrite, Regierungsratspräsidentin des Kantons Waadt

Acht Kantone verwehren dem E-ID-Gesetz ihre Unterstützung, weil sie die Herausgabe von Ausweisen als staatliche Kernaufgabe erachten. Der Kanton Schaffhausen und die Stadt Zug geben bereits eine eigene E-ID heraus. Der Bund könnte problemlos selbst einen digitalen Pass herausgeben. Auch unser Nachbarland Liechtenstein schaffte dies innert Jahresfrist.

«Die E-ID ist das Herzstück von E-Government und der digitalen Demokratie. Sie wird auch für die Ausübung von Volksrechten zum Einsatz kommen.»
Erik Schönenberger, Geschäftsleiter Digitale Gesellschaft​

Die elektronische Identität (E-ID) ist ein neuer amtlicher Ausweis: der digitale Schweizer Pass. Grundlage ist das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste. Die E-ID soll im Internet als Nachweis der eigenen Identität verwendet werden können und ist vergleichbar mit der Identitätskarte oder dem Schweizer Pass im realen Leben.

«Nur Wahlfreiheit schafft Vertrauen. Bürgerinnen und Bürger sollten selbst entscheiden können, ob sie die E-ID von privaten Unternehmen oder vom Bund beziehen wollen.»
Doris Fiala, Nationalrätin FDP

Gemäss repräsentativen Umfragen wollen über 80 Prozent der Bevölkerung den digitalen Pass nicht von Firmen, sondern vom Staat beziehen. Das Vertrauen in private Unternehmen fehlt. Mit dem E-ID-Gesetz haben sich Bundesrat und Parlament über den Willen der Bevölkerung hinweggesetzt.

«Für einen leistungsfähigen Staat im 21. Jahrhundert muss das Ausstellen einer E-ID eine Selbstverständlichkeit sein. Die Privatisierung kommt einer Bankrotterklärung des digitalisierten Staates gleich.»
Gerhard Andrey, Nationalrat Grüne​

Mit der Kommerzialisierung der digitalen Identität wird der Bund zu einem Datenlieferanten degradiert. Das Bundesamt für Polizei würde dafür eigens eine neue Personendatenbank schaffen, um privaten Unternehmen die persönlichen Daten der Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung zu stellen.

«Die Ausstellung einer digitalen Identität ist Service Public und eine staatliche Kernaufgabe. Man bestellt sich den Pass nicht bei Amazon und erneuert die ID auch nicht bei der UBS.»
Min Li Marti, Nationalrätin SP​

Im Gegensatz zu den bisherigen Ausweisen würde jede Nutzung der E-ID bei einem privaten Unternehmen aufgezeichnet und zentral gespeichert. Dadurch entsteht ein Missbrauchspotential. Der einzige wirksame Datenschutz wäre, auf die Erhebung von unnötigen Daten zu verzichten.

«Für den Staat ist die E-ID kein Geschäftsmodell. Im Gegensatz zu privaten Unternehmen kann er Sicherheit, Vertrauen und Zuverlässigkeit in den Vordergrund rücken.»
Jörg Mäder, Nationalrat GLP

Ältere Menschen befürchten, dass ihnen die E-ID durch die privaten Unternehmen aufgezwungen wird. Deshalb lehnen der Schweizer Seniorenrat, der Schweizer Verband für Seniorenfragen und die Vereinigung aktiver Senioren- und Selbsthilfeorganisationen der Schweiz die Vorlage ab

«Die meisten betagten Menschen leben gut in und mit der digitalen Welt. Sensible Daten dürfen aber nicht in die Hände von Privaten gelangen. Das gilt auch für das elektronische Patientendossier – der Bruder der E-ID.»
Karl Vögeli, Präsident des Schweizerischen Verbands für Seniorenfragen (SVS)​

Hintergrundinformationen zum E-ID-Referendum

Hinter dem Referendum steht ein überparteilicher Zusammenschluss von Einzelpersonen, Organisationen, Netzwerken und Parteien, darunter: Digitale Gesellschaft, Public Beta, WeCollect, Campax, SP Schweiz, Grünen, Grünliberale Partei, Piratenpartei, VPOD, Syndicom, Schweizerische Gewerkschaftsbund, Internet Society Switzerland, Grundrechte.ch, Schweizer Seniorenrat, Schweizer Verband für Seniorenfragen, Vereinigung aktiver Senioren- und Selbsthilfeorganisationen der Schweiz. Im Bürgerinnen- und Bürger-Komitee für den Abstimmungskampf haben sich über 1’000 Personen, darunter engagierte Mitglieder aus allen Parteien, zusammengeschlossen.

Das Budget für die Abstimmungskampagne beträgt 250’000 CHF und wird zum grössten Teil über Kleinspenden gedeckt. Bereits haben über 500 Personen Anteilsscheine im Wert von rund 50’000 CHF gezeichnet. Anfangs Januar 2021 startet ein Crowdfunding, um die Produktion und Briefkasten-Verteilung von einer Million Schweizer Pässe als Abstimmungs-Flyer zu finanzieren.